Tiere des Jahres 2013
Bevor das neue Jahr im Naturhistorischen Museum Wien mit der Eröffnung der neuen Anthropologie-Säle ab 30.01.2013 ganz im Zeichen des Homo Sapiens und der Menschwerdung steht, sind die Tiere dran. Mit Vorträgen und Spezial-Veranstaltungen stimmen wir unsere Besucherinnen und Besucher auf die „Tiere des Jahres 2013“ ein.
„Einerseits soll damit auf die große Vielfalt,
gleichzeitig aber auch auf die prekäre Lebensraum-Situation vieler heimischer Tierarten aufmerksam gemacht werden“, erklärt
NHM-Generaldirektor Dr. Christian Köberl.
U.a. folgende Stellvertreter unserer Artenvielfalt laden Sie auch im
Neuen Jahr ein, mit offenen Augen durch die Natur zu gehen. Hier mit den dazugehörigen Veranstaltungen im NHM:
Spinne
des Jahres 2013: die Gemeine Tapezierspinne
Mittwoch, 09.01.2013 um 18:30 Uhr: NHM Vortrag „Mit der Spinne des
Jahres 2013 ins Neue Jahr“ (Christoph Hörweg)
Tiere des Jahres 2013
Sonntag, 27.01.2013 um
15.30 Uhr (Peter Sziemer)
Reptil des Jahres 2013: die Schlingnatter
Sonntag, 17.März, 15.30
Uhr: Schlingnatter und Co. Einheimische Schlangen (Silke Schweiger)
Was ist ein „Reptil des Jahres“ und warum ist
es im Jahr 2013 die Schlingnatter? Wie sieht Schlangenhaut in Vergrößerung aus? Gibt es zweiköpfige Schlangen? Wie giftig
sind heimische Schlangen? Diese und andere Fragen zu Ökologie und Schutz der beinlosen Reptilien werden beantwortet und alle
heimischen Schlangen vorgestellt.
Exkursion: Sonntag, 28. April: Die Schlingnatter, Reptil des Jahres 2013 (Silke
Schweiger)
Kennen Sie unsere heimischen Reptilien und Amphibien? Wie gehen Biologen bei der Kartierung vor? Wie erkennt
man geeignete Lebensräume für Reptilien und Amphibien? Die Exkursion bietet Einblicke in die heimische Herpetofauna. Dabei
steht die schwierige Suche nach dem Reptil des Jahres 2013, der sehr versteckt lebenden Schlingnatter, im Mittelpunkt.
Vogel des Jahres 2013: die Bekassine
Mittwoch, 17.04.2013 um 18:30 Uhr: NHM Hinter den Kulissen
„Die Bekassine ? Vogel des Jahres 2013 und andere Watvögel“(Anita Gamauf)
Spinne des Jahres 2013: die Gemeine
Tapezierspinne
Die Gemeine Tapezierspinne (Atypus affinis Eichwald, 1830) gehört zur Familie der Tapezierspinnen
(Atypidae). Diese sind die einzigen Vertreter in Mittel-, Nord- und Westeuropa, die den Vogelspinnenartigen (Mygalomorphae)
angehören, charakterisiert durch die waagrecht nach vorne stehenden Giftklauen.
Weltweit gibt es innerhalb der
Familie Atypidae drei Gattungen mit insgesamt 49 Arten. Die drei (mittel-)europäischen Arten sind (von der größten bis zur
kleinsten) die Mauer-Tapezierspinne Atypus muralis, die Pechschwarze Tapezierspinne Atypus piceus und die Gemeine Tapezierspinne
Atypus affinis, die in Westeuropa am häufigsten anzutreffen ist. Die Verteilung in den einzelnen Ländern ist aber unterschiedlich:
in Deutschland ist die Gemeine Tapezierspinne die häufigste, in Österreich z.B. sogar die seltenste der 3 Arten. Die Tapezierspinnen
sind auch auf den Roten Listen einzelner Länder bzw. Bundesländer zu finden, meist als gefährdet bzw. stark gefährdet eingestuft.
Die Tapezierspinne kommt in trockenen sandigen und sonnigen-wärmebegünstigten Standorten vor. Als Lebensräume
werden Kiefernwälder, trockene Hänge, aber auch magere Wiesen bevorzugt. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt im westlichen und
nördlichen (Mittel-)Europa.
Die Körperlänge des Männchens beträgt 7-10 mm, die des Weibchens 10-15 mm. Die Färbung
ist beim Männchen meist tiefschwarz, Weibchen sind dunkelbraun und Jungtiere oft auffallend hell gefärbt.
Die
Tiere leben in unterirdischen Röhren von 10-30 cm Länge, die sie selbst graben und innen mit Spinnseide austapezieren. Oberirdisch
bildet dieses Gespinst einen ca. 1cm dicken und 10cm langen „Fangschlauch“, der mit Erdpartikel aus der Umgebung getarnt wird.
Die Spinne sitzt im Inneren der Röhre und lauert auf Insekten, die über den Fangschlauch laufen. Die Beute wird von unten
durch die Schlauchwand hindurch gebissen und hereingezogen; der entstandene Riss wird dann später wieder verschlossen. Als
Nahrung kommen Ameisen, Käfer, sowie Tausendfüßer in Frage.
Speziell zur Paarungszeit im Spätherbst kann man die
Männchen entdecken. Diese haben ihre Hauptaktivität in den Monaten September bis November. Dann laufen die Männchen auf der
Suche nach einer Partnerin am Boden umher, betrillern zunächst deren Fangschlauch und paaren sich im unteren Teil des Schlauches.
Später findet hier auch die Eiablage statt. Die Eier werden in einen Kokon im unteren, leicht erweiterten Teil der Wohnröhre
aufgehängt. Die im Herbst schlüpfenden Jungspinnen bleiben, ohne Nahrung aufzunehmen, den Winter hindurch im mütterlichen
Gespinst und verlassen dieses erst in den ersten wärmeren Tagen (Anfang/Mitte März) und verteilen sich via „ballooning“. Mitunter
können bis zu 100 Jungspinnen gefunden werden.
Im Gegensatz zu den meisten anderen mitteleuropäischen Spinnen können
die Tiere ein hohes Alter, nämlich 8-10 Jahre erreichen.
Reptil des Jahres 2013: die Schlingnatter
Die Schlingnatter (Coronella austriaca) ist eine der am weitesten verbreiteten Schlangenarten Europas. Dennoch ist
sie vielen Naturinteressierten kaum bekannt. Dies liegt in erster Linie an ihrer versteckten Lebensweise, zudem wird die harmlose,
ungiftige Art nicht selten mit der ähnlichen Kreuzotter verwechselt. Die Schlingnatter gilt in unseren Breiten vor allem aufgrund
von Lebensraumverlust als selten und ist in vielen Gebieten bedroht. Für 2013 wurde sie von der Deutschen Gesellschaft für
Herpetologie und Terrarienkunde e.V. (DGHT) zum Reptil des Jahres ernannt.
Die Schlingnatter ist eine verhältnismäßig
kleine, zierliche Schlange, deren schmaler Kopf nur schwach vom Körper abgesetzt ist. Sie erreicht eine Gesamtlänge von 60
- 75 cm bei einem durchschnittlichen Gewicht von 50 - 60 g. An der Kopfseite zieht sich ein dunkler Augenstreif vom Nasenloch
bis zum Hals. Die Pupille ist rund.
Charakteristisch ist der braunschwarze, oft herz- oder hufeisenförmige Nackenfleck,
dem eine meist paarige oder gegeneinander versetzte Fleckenzeichnung auf dem glattschuppigen Rücken folgt. Die Grundfärbung
der Körperoberseite variiert in den verschiedensten Grau- und Brauntönen. Die Unterseite ist meist deutlich grau bis schwarz
oder rötlich braun gefärbt und oft leicht marmoriert. Schlingnattern werden mit dem dritten beziehungsweise vierten Lebensjahr
geschlechtsreif und können ein maximales Lebensalter von 19 - 20 Jahren erreichen.
In Österreich kommt die Schlingnatter
in allen Bundesländern vor. Hauptverbreitungsgebiete stellen die wärmebegünstigten Regionen des Alpenvorlandes dar. Die Schlingnatter
besiedelt eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume. So zählen Hochmoore, lichte Kiefernwälder, Heidegebiete, Blockschutthalden
in Wäldern oder sonnenexponierte Hanglagen entlang von Flüssen ebenso zu ihren Lebensräumen wie Weinbaugebiete, Steinbrüche,
Bahndämme oder naturbelassene Gärten.
Die Schlingnatter ist als relativ anpassungsfähige Art in Europa stellenweise
häufig, nördlich der Alpen aber insgesamt selten und vielerorts bedroht. In den Roten Listen Deutschlands, Österreichs, der
Schweiz und Luxemburgs wird sie dementsprechend als „gefährdet“ eingestuft. Gründe hierfür sind der starke Rückgang ursprünglicher
oder historisch extensiv genutzter Lebensräume wie Moore, Heiden und Magerrasen, aber auch Waldränder, Abgrabungen, Bahnstrecken
und Weinberge. Auch der fortschreitende Straßenbau und die Zerschneidung der Lebensräume haben einen negativen Einfluss auf
die Bestände. Aufgrund der Arealverluste und Bestandsrückgänge wurde die Schlingnatter in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
(FFHRichtlinie) der EU als „streng zu schützende Art von gemeinschaftlichem Interesse“ in den Anhang IV aufgenommen. Die Schlingnatter
gilt als „streng geschützt“, das heißt, es dürfen weder Individuen getötet noch ihre Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zerstört
werden.
Vogel des Jahres 2013: die Bekassine
Die Bekassine (Gallinago gallinago) wurde
zum „Vogel des Jahres 2013“ von BirdLife Österreich sowie den Partnerorganisationen Naturschutzbund Deutschland (NABU) und
dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) in Bayern gekürt. Das „Meckern“ beherrscht die Schnepfenart nicht erst seit ihr der Lebensraum
mit Feuchtwiesen und Mooren zusehends abhanden gekommen ist und die Bestandsgröße sich auf wenige Brutpaare reduziert hat.
Das Männchen erzeugt das artenspezifische „Meckern“, indem es sich im Balzflug mit abgespreizten äußeren Schwanzfedern rasant
in die Tiefe stürzt. Jetzt, wo der Kurzstreckenzieher bereits auf dem Weg in die Überwinterungsquartiere im Mittelmeergebiet
unterw
egs ist, kann der Wiesenvogel mit seinem charakteristischen „Meckern“ im Naturhistorischen Museum Wien bewundert
werden.
Abgesehen vom „Meckern, das im Vogelsaal Nr. 29 des NHM erlebt und gehört werden kann, ist der überproportional
lange und gerade Schnabel das auffälligste Zeichen der Bekassine. Unter den Schnepfen ist die Bekassine eine mittelgroße Art.
Mit ihrem untersetzten Körper, kurzen Beinen und braunen Gefieder bewegt sich die Tarnkünstlerin geschickt durch feuchte Seggen-,
Binsen- und Moorlandschaften. Auf der Suche nach Würmern, Schnecken und Insekten watet sie durch offene schlammige Bereiche
und flache Gewässer. Der lange Schnabel ist dabei das perfekte Werkzeug, um in den lockeren Schichten feuchter Böden Kleintiere
zu orten und zu ertasten. Samen von Gräsern und anderen Pflanzen stehen aber genauso auf dem Speisplan. Bei Gefahr duckt sie
sich auf den Boden und ist kaum vom Untergrund zu unterscheiden. Die Jungen verlassen bereits am ersten Tag das Nest und suchen
selbst nach Nahrung. Wenngleich die Eltern sie auch zu den besten Nahrungsplätzen führen.
„Im Jahr der Bekassine
wollen wir aufzeigen, dass die Intensivierung der Landwirtschaft mit einer frühen bzw. häufigen Wiesenmahd, das Entwässern
von Grünland und die zunehmende Zersiedelung der Brutgebiete den Wiesenvögeln generell zusetzt“, so Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer
von BirdLife Österreich. Die bekanntesten österreichischen Bekassinen-Vorkommen orten die Ornithologen im Ibmer Moor in Oberösterreich,
im Salzburger Alpenvorland sowie im Vorarlbergischen Rheintal. Nur im Schutzgebiet Ibmer Moor konnte aufgrund von Renaturierungsmaßnahmen
ein stabiler Bestand mit etwa 20 Brutpaaren über die Jahre erhalten werden. In allen anderen einst dicht besiedelten Brutgebieten
führten Lebensraumveränderungen zu Rückgängen. Ende der 90er Jahre waren der Vogelschutzorganisation in Vorarlberg 20-30 Brutpaare
bekannt. Im Vorjahr waren es nur noch 4-5. Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, dass die Bekassine ohne konkrete Artenschutzmaßnahmen
in Österreich vor dem Aus steht“, so Pfiffinger.