DIE "AUSTRIAN BARCODE OF LIFE“-INITIATIVE (ABOL) GEHT IN DIE VERLÄNGERUNG: GENETISCHE ERFASSUNG ÖSTERREICHISCHER BIODIVERSITÄT FINDET FÜR WEITERE DREI JAHRE IHRE FORTSETZUNG

13. Oktober 2017
Einladung zum Hintergrundgespräch am Mittwoch, den 18. Oktober 2017, um 16 Uhr
Treffpunkt: Portier / Seiteneingang, Burgring 7, 1010 Wien
mit
Dr. Elisabeth Haring, Direktorin der Zentralen Forschungslaboratorien, NHM Wien
Dr. Helmut Sattmann, Direktor der 3. Zoologischen Abteilung, NHM Wien
Dipl.-Ing. Thomas Friedrich, Universität für Bodenkultur Wien
Mag. Carina Zittra, Veterinärmedizinische Universität Wien
 
ABOL ist ein nationales Netzwerk von Institutionen und ihren Expertinnen und Experten, die sich mit Biodiversitätsforschung in Österreich befassen. Ziel der am Naturhistorischen Museum Wien koordinierten Initiative ist es, die DNA-Barcodes aller österreichischen Tiere, Pflanzen und Pilze zu erfassen und online bereit zu stellen.
 
Die Anstoßphase von 2014 bis 2017 diente der Vorbereitung des Gesamtprojekts und der Durchführung von ersten Pilotprojekten. Im Herbst 2017 wurde die Initiative vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft um weitere drei Jahre verlängert und mit € 620.000 finanziert. Darüber hinaus vergibt das Ministerium direkte Forschungsmittel an die Universitäten zur Schaffung der E-Dateninfrastruktur von ABOL.
 
In dem Hintergrundgespräch sollen Medienvertreterinnen und Medienvertreter Einblicke in die bisherigen Teilprojekte an Tieren (z.B. Fische, Libellen, Schnecken, Wildbienen, Parasitischen Würmer) und Pflanzen (invasive Pflanzenarten) erhalten. Interessante Ergebnisse werden präsentiert, Ziele vorgestellt und die Methode und Arbeitsschritte vom Freiland bis ins molekulargenetische Labor erklärt.
 
Als Auftakt für das ambitionierte Gesamtprojekt in der zweiten Projektphase findet am 20. Oktober 2017 am Naturhistorischen Museum Wien die 4. ABOL-Tagung statt, bei der es auch ein öffentliches Vortragsprogramm zur Digitalisierung der Artenvielfalt Österreichs geben wird.
Sujeevan Ratnasingham (Univ. Guelph, Chief Architect von BOLD / Barcode of Life Datasystem) konnte für den Keynote-Vortrag “Biodiversity & Citizen Science in the Genomics Era” gewonnen werden.
Das Detailprogramm zur Tagung finden Sie hier: https://www.abol.ac.at/blog/
 
Biodiversität & DNA-Barcoding
Die österreichische Biodiversität spiegelt sich in der Vielfalt von Lebensräumen und von Arten wider. Die Erfassung artspezifischer Genabschnitte – der sogenannten DNA-Barcodes – ist die ideale Möglichkeit eines integrativen Ansatzes zur Erforschung unserer Biodiversität. Ziel der “Austrian Barcode of Life”-Initiative (ABOL) ist die Erstellung von DNA-Barcode-Sequenzen aller Tier-, Pflanzen- und Pilzarten Österreichs. Diese werden, für alle Anwendungen frei verfügbar, in einer Online-Datenbank zur Verfügung gestellt.
 
Warum formierten sich österreichweit mehr als 100 in der Biodiversitätsforschung tätige WissenschaftlerInnen aus 40 Institutionen zur Initiative „Austrian Barcode of Life“?
 
Ziel ist, die methodischen, strukturellen und digitalen Grundlagen zur schnellen und sicheren Bestimmung der Vielfalt aller heimischen Lebewesen mittels DNA-Barcoding zu schaffen. Auf dieser Basis aufbauend wird ab nun die „Genetische Bibliothek“ der Biodiversität Österreichs in einem Ausmaß befüllt, welches zahlreiche Anwendungen ermöglicht. Diese Datenbank soll nicht nur die Biodiversitätsforschung und den Naturschutz mit ganz starken und neuen Impulsen bedienen, sondern auch Maßstäbe für zahlreiche praktische, gesellschaftspolitisch und ökonomisch relevante Fragestellungen setzen, die vom Artenschutz bis ins Zivilrecht reichen.
 
DNA-Barcoding bezeichnet eine Methode, bei der Arten anhand der Basenabfolge in einem definierten Abschnitt des Erbgutes bestimmt werden. Unumgänglich dafür ist eine Referenz-Datenbank, die DNA-Barcodes der einzelnen Arten enthält. Diese müssen allerdings von sicher bestimmten Individuen stammen. Über den Vergleich mit diesen Referenzsequenzen ist die Art selbst anhand von z.B. Gewebsresten und Wasserproben („Umwelt-Barcoding“) eindeutig bestimmbar. Der essentielle Schritt im Projekt ABOL ist der Aufbau einer leistungsfähigen und informativen Biodiversitäts-Datenbank mit verlässlichen DNA-Barcoding-Daten.
 
Warum sind dieses genetische Inventar und die Datenbank der Arten so neu, so innovativ und so wichtig?
 
Der Planet Erde beherbergt Lebewesen in einer schier unüberschaubaren Vielfalt von biologischen Arten. Diese zu unterscheiden ist Aufgabe von Taxonomen oder Artenkennern, Spezialisten des Beschreibens und Erkennens von Arten. Ihre Arbeit ist so wichtig, weil man wissen muss, wovon man spricht, egal, ob man Forschungsfragen lösen, Schädlinge bekämpfen, Nahrungsmittel kritisch prüfen, Medikamente entwickeln, Kriminalfälle untersuchen oder einfach Arten und Lebensräume schützen will. Daher sind die „Artenkenner“ für die Wissenschaft wie für die Gesellschaft bedeutende Experten.
 
Österreich ist aufgrund seiner naturräumlichen Gliederung ein Hotspot der Artenvielfalt in Europa. Etwa 70.000 Arten von Tieren, Pflanzen und Pilzen sind hier schätzungsweise vertreten. Diesen Schatz zu heben und zu hüten bedarf finanzieller Anstrengungen für die Datenbeschaffung und der Vernetzung der nationalen Expertise.
 
DNA-Barcoding-Datenbanken
 
Die Daten aus der österreichischen Initiative werden, wie die anderer Einzelprojekte, auch in die internationale DNA-Barcoding-Datenbank BOLD eingespeist. Sie sind im Internet frei zugänglich. So entsteht ein internationales Netzwerk, das neben der Entdeckung neuer Arten auch den Nachweis der Einwanderung „invasiver“ Arten ermöglicht. Aber auch das frühzeitige Aufdecken von Biodiversitätsverlusten wird mit Hilfe der DNA-Barcoding-Methode wesentlich beschleunigt. Neben den Anwendungen für Land- und Forstwirtschaft, Zollbehörden, Forensik oder Lebensmittelkontrollen, ist diese Methode auch eine Innovation für die Biodiversitätsforschung und den wissenschaftlich basierten Naturschutz.
 
Schon in der vom Wissenschaftsministerium finanzierten Pilotphase der ABOL-Initiative wurde die österreichische Datenbank etabliert und mit der Befüllung begonnen. Im Zuge dessen wurden auch mehrere neue Arten entdeckt. Darüber hinaus laufen bereits zahlreiche Projekte, die verschiedene Organismengruppen erfassen. Als große Aufgabe wartet die Zusammenführung  aller dieser und künftiger Initiativen zu einem großen und benutzbarem Ganzen. Nicht nur angewandt relevante sondern auch unscheinbare und schlecht erfasste Organismengruppen können im Rahmen von ABOL erforscht werden, womit viele weiße Flecken auf Österreichs Biodiversitäts-Landkarte erschlossen werden können. Daraus werden wiederum spannende Forschungsfelder eröffnet.
Untersuchungen im DNA Labor
© NHM Wien, Kurt Kracher
Untersuchungen im DNA Labor
© NHM Wien, Kurt Kracher
Vierfleck-Kreuzspinne (Araneus quadratus)

© NHM Wien, Helmut Sattmann

Arnika (Arnica montana)
© NHM Wien, P. Escobar
Kaiserling (Amanita caesarea)
© NHM Wien, Greilhuber
  
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