Neue Pflanzenart „Gundelia tehranica“ im NHM Wien erstmals beschrieben

25. Januar 2017
Zusammenarbeit Naturhistorisches Museum Wien mit Forschungseinrichtungen im Iran

Zusammenarbeit Naturhistorisches Museum Wien mit Forschungseinrichtungen im Iran

Im jüngst erschienenen Band der Annalen des NHM Wien wird von Ernst Vitek, dem Direktor der Botanischen Abteilung des NHM Wien, eine neue Art der Gattung „Gundelia“ aus dem Iran beschrieben. Das ist eine kleine Sensation, weil bis vor kurzem nur eine einzige Art in dieser Gattung anerkannt war. Durch neue, von den Botanikerinnen und Botanikern des NHM Wien mit Kolleginnen und Kollegen in Iran, Armenien, Israel und der Türkei durchgeführten Studien wurde geklärt, dass es mehr als eine Art gibt – mittlerweile sind zehn Arten definiert, weitere fünf noch in Vorbereitung.
 
Die neue Art aus dem Iran, „Gundelia tehranica“, kann direkt am Stadtrand von Teheran gefunden werden. Iranische Botaniker konnten sie nicht als eigene Art erkennen, weil ihnen der Vergleich aus den anderen Gebieten fehlte. Eine andere Art, „Gundelia rosea“, die bisher nur vom Irak bekannt war, wurde im südlichen Iran nachgewiesen. Die Gattung „Gundelia“ aus der Familie der Korbblütler ist von wirtschaftlicher Bedeutung, weil sie als Gemüse und auch als Grundlage für Medikamente verwendet wird.
 
Das Naturhistorische Museum Wien besitzt in der Botanischen Abteilung wertvolle historische Pflanzensammlungen aus dem Gebiet des Iran; die ältesten sind aus dem Jahr 1928. Seit den 1950er Jahren wurden die Sammlungen kontinuierlich und beträchtlich erweitert. Der Botaniker Karl Heinz Rechinger, Erster Direktor des Naturhistorischen Museums von 1971 bis 1962, begründete als Herausgeber und Mitautor die Flora Iranica, das Bestimmungsbuch für die Pflanzen des Iran, das erst jüngst mit 181 Bänden fertiggestellt wurde und 10.615 Pflanzenarten aus dem iranischen Hochland beschreibt. In Vorbereitung ist der noch fehlende Band der Farne. Derzeit beherbergt die Wiener Botanische Sammlung 60.000 Objekte aus dem Iran und die wichtigste Grundlage für weitere botanische Arbeiten im Iran.
 
Der ÖAD (Österreichischer Austauschdienst) hat jüngst ein neues Abkommen zur Förderung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Iran abgeschlossen. Als langjähriger Kooperationspartner war auch das NHM Wien in der österreichischen Delegation vertreten. Dabei wurden auch zukünftige Projekte im Bereich der Botanik diskutiert. 
Derzeit unterstützen das NHM Wien und die Universität Wien die Shahid Behesti Universität in Teheran, ihre Herbarbelege im Virtuellen Herbarium (http://herbarium.univie.ac.at/database/collections.htm) weltweit zugänglich zu machen.
Ein Pollenatlas für die Flora des Iran soll gemeinsam entwickelt werden. Derzeit läuft ein FWF Projekt „Species extinction and species protection in the Iranian high mountains - Areas of endemism in the high-mountain flora of Iran” an der Universität Wien, bei dem die Botanische Abteilung des NHM Wien unterstützend beteiligt ist.
Ein Desiderat ist eine komplette Digitalisierung der iranischen Bestände im NHM Wien, um den Zugang weltweit zu erleichtern.
 
Zur Botanischen Abteilung des NHM Wien
 
Die Botanische Abteilung am NHM Wien zählt zu den fünf wichtigsten botanischen Sammlungen der Welt. Die Größe und Vielfalt der Sammlung ist auf ungezählte Expeditionen und regen Tauschverkehr mit anderen Herbarien zurückzuführen. Auch heute noch werden jedes Jahr zahlreiche neue Belege gesammelt und getauscht.
 
Botanikerinnen und Botaniker aus aller Welt besuchen das NHM Wien, um mit dem wertvollen Material zu arbeiten bzw. jene Belege zu entlehnen, die sie für ihre Forschung benötigen. Wo dies nicht möglich ist ‒ zum Beispiel, wenn Herbarbelege zu empfindlich oder zu wertvoll sind, um sie mit der Post zu versenden ‒ kann das Virtuelle Herbarium helfen (http://herbarium.univie.ac.at/database/collections.htm).
Hier werden laufend Belege erfasst, gescannt und digital zur Verfügung gestellt. Es stehen bereits mehr als 1.200.000 Belege aus mehr als 30 Institutionen zur Verfügung
 
Die Sammlung umfasst neben Blütenpflanzen, den Phanerogamen, und „niederen“ Pflanzen (Algen, Moose und Flechten) und Pilzen, den Kryptogamen, auch eine Frucht- und Samensammlung. Eine umfangreiche Alkohol- und Holzsammlung, sowie zahlreiche Diatomeen (Kieselalgen)-Präparate ergänzen die Kollektion. Sammlungsschwerpunkte liegen in Europa im Gebiet der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, Mitteleuropa sowie dem gesamten Mediterranraum, insbesondere Griechenland und die Türkei. In Asien liegt der Schwerpunkt im Orient, im Kaukasus und im Gebiet der Flora Iranica (Iran und die angrenzenden Gebirge). In Afrika sind Sammlungen vor allem aus Tunesien, Ost- und Zentralafrika, sowie aus dem Kap-Gebiet vorhanden. Sammlungskerngebiete in Südamerika sind vor allem Brasilien, sowie Argentinien und Chile. Aus Australien und Neuseeland sind ebenfalls zahlreiche Sammlungen vorhanden.
Gundelia tehranica
Copyright: NHM Wien
Gundelia tehranica
Copyright: NHM Wien
Gundelia rosea
Copyright: NHM Wien
  
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